Gentrifizierung
Was tun gegen Gentrifizierung?
Lasst euch nicht von der Angst lähmen - aber informiert euch frühzeitig über Gegenmaßnahmen, wie Mietshäusersyndikate oder Freiraumkonzepte! Um Handlungsspielraum zu behalten, müsst ihr Pläne machen, wenn der Gedanke an Gentrifizierung noch absurd erscheint. Sobald der Prozess einmal beginnt, beginnt auch ein Spiel, bei dem ihr nicht mehr am Tisch sitzen werdet. Mehr Details hierzu im zugehörigen Lexikoneintrag.
Besonders, wenn ihr in einem etwas einfacheren, günstigeren Viertel eurer Stadt arbeitet, kann es euch gut passieren, dass ihr früher oder später mit dem Vorwurf der „Gentrifizierung” konfrontiert seid: ihr würdet das Viertel aufhübschen, als nächstes würden ein Haufen junger Künstler*innen und Studierende ins Quartier ziehen, die Mieten steigen, überall gäbe es nur noch Soja-Latte-Cappucchinos, und als nächstes steigen die Mieten bis alle alten Bewohner*innen vertrieben wären.
Der Vorwurf ist nicht immer fair, aber auch nicht immer falsch. Schaut euch eure Mitstreiter*innen an: meistens gehört ihr zum jungen, gut ausgebildeten Teil der Bevölkerung, und macht Projekte, die eine gewisse Anziehungskraft haben. Plötzlich kommen auch Andere in euren sonst so verschlafenen Stadtteil, man liest gelegentlich in der Zeitung über das Viertel. Endlich ziehen mal wieder ein paar junge Leute her und der eine oder die andere Eigentümer*in nimmt sogar ein bisschen Geld in die Hand, um ein Haus zu sanieren. Und unter Umständen beginnt Stück für Stück ein Prozess, der sich eurer Kontrolle entzieht.
Wenn wir in einem System leben, das aus allem Schönen direkt Profit schlägt - soll dann unsere Antwort sein, dass wir Dinge nicht mehr schön machen?Nur: Was wäre die Alternative? Müssen die Straßen hässlich und die Brachen unbenutzbar bleiben, damit die Mieten nicht steigen? Die Gegenfrage wäre: Für wen machen wir die Straßen bunt und die Brachen grün, wenn die Vermieter*innen die Nachbarschaft, mit der wir so ein gutes Verhältnis pflegen, Stück für Stück gegen eine “Zahlungskräftigere” ersetzen? Es ist definitiv kein fehlerfreies System, dieser Kapitalismus… Eine Lösung können wir euch auch nicht sagen, und wir sehen unsere eigene Arbeit in Freiimfelde vor diesem Hintergrund durchaus auch selbstkritisch. Ein Problem ist, dass man die Entwicklung nicht vorhersehen kann. Wer gründet schon die erste Mieter*innengenossenschaft und kauft Häuser für ein Mietshäusersyndikat in einem trostlosen Viertel, wenn der Bau eines Hochbeets schnell und wirksam die Gemüter erheitert? Aber gleichzeitig solltet ihr die Entwicklung genau im Auge behalten und so früh wie möglich anfangen, diese „großen Gedanken” zu spinnen - und dann auch in die Tat umzusetzen! Denn sobald diese Entwicklung begonnen hat, dreht sich in dem Viertel, das mal eures war, ein Rad, das zu groß ist und zu viel Geld bewegt, als das ihr noch ernsthaft die Möglichkeit hättet, einzugreifen.